Freitag, 7. Januar 2011

Ich sollte die Fleißarbeit, die Sie mir aufgetragen haben, vielleicht besser als Gespenstergeschichte beginnen...

Ein Buch das lange in meinen Bücherregalen darauf wartete gelesen zu werden, schaffte es endlich von den Regalen auf den Nachttisch – aber nicht für eine lange Zeit, da es unsagbar faszinierend war: ANGELICA von Arthur Phillips (2007).

Das viktorianische London. Constance Barton hat nach mehreren Fehlgeburten endlich einer Tochter das Leben geschenkt: Angelica. Constances Gesundheit hat dermaßen gelitten, dass die Ärzte ihr von jeder weiteren Schwangerschaft abraten, da das ihren sicheren Tod bedeuten könne.
Als Angelica vier Jahre alt ist, quartiert ihr Vater - Constances Ehemann Joseph – sie aus dem elterlichen Schlafzimmer aus und fordert seine ehelichen Rechte bei Constance ein. Damit im Zusammenhang zu stehen scheint eine Reihe unheimlicher Ereignisse – von unerklärlichen Rissen in Möbelstücken bis zu einem blauschimmernden Geist, den Constance dabei beobachtet wie er Angelica heimsucht. Kann die herbeigerufene Anne Montague, die sich in okkulten Fragen auskennt, helfen? Hat Joseph etwas mit den Geschehnissen zu tun? Ist Missbrauch im Spiel? Oder verliert Constance langsam den Verstand?

Um es gleich vorweg zu sagen: In diesem Buch stehen komplett sinnlose Sätze, wie z.B. die Antwort auf den Satz „Ich frage mich ob ich wahnsinnig bin.“:

Reden Sie wirres Zeug mit Katzen, die auf Fenstersimsen hocken?

- Also, wirklich. Ich habe das mit meinen Katzen diskutiert und die fanden das auch albern.

Es ist möglich, dass Ihr während der Lektüre zu überlegen beginnt, ob Ihr nicht auch nachts die Spiegel verhängen solltet. Als sehr effektvoll hat sich übrigens ein kurzer Wackelkontakt in meinem Lichtschalter im richtigen Moment erwiesen – und dass zur selben Zeit der Wind ums Haus heulte..

Auf jeden Fall interessant ist die Theorie, dass alle Frauen latent wahnsinnig sind - und nur durch einen Mann der Ausbruch dieses weiblichen Wahnsinns eingedämmt werden kann:

„Folglich hatten alle Witwen und alte Jungfern auf der ganzen Welt Marotten. Niemand verhinderte, dass ihre Schrulligkeit gnadenlos überall einsickerte.“ So, so. Sieh an..

Und wusstet Ihr Folgendes?:

„Für jeden Mann, selbst einen verheirateten Mann im geheimen Einverständnis mit seiner Frau, ist eine übermäßige Entleerung von Samenflüssigkeit normalerweise tödlich.“

– Seid Ihr Euch Eurer Verantwortung bewusst? Ich bitte Euch das in Zukunft zu bedenken, wenn Ihr wieder wollüstig über so ein armes Kerlchen herfallt!!

Schön ist auch der Vergleich eines Psychiaters, der befand, dass menstruierende Frauen im Endeffekt eine starke Ähnlichkeit mit Werwölfen aufweisen – und genauso abhängig vom Mond sind.

Das Buch wimmelt nur so von – im wahrsten Sinne des Wortes viktorianischem Sexismus und Rassismus. Sehr spannend fand ich, dass man die Geschichte erst aus der Sicht Constances, dann Annes, anschließend Josephs und ganz zum Schluss Angelicas Sicht auf die Dinge erfährt.
Das Ganze ist konzipiert wie ein Bericht an einen Arzt – wer da berichtet erfährt man allerdings erst ziemlich spät und Ihr dürft am Ende auch nicht erwarten, dass Euch die Lösung auf einem silbernen Tablett serviert wird. Vieles hier wird impliziert und sieht im nächsten Moment schon ganz anders aus – was ich an diesem Buch auch besonders mochte.
  • Sexappeal: Im Endeffekt dreht sich hier fast alles – wenn auch in einer sehr verhüllten Art – um Sex und die viktorianische Sichtweise darauf.

  • Woher nehmen: Das Buch ist derzeit nur als Taschenbuch unter folgender ISBN im Handel zu erhalten: ISBN 978-3-442-47002-0.
Zusammenfassend lässt sich vielleicht sagen, dass das Buch nur stellenweise gruselig ist, dafür aber auch sehr tragisch - ohne allerdings dass Ihr Taschentücher in Griffnähe bereit halten solltet - und dass vielleicht auch in unseren Leben mit mehr Offenheit einiges verhindert werden kann.

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