Samstag, 28. April 2012

An dem Tag, an dem ich beschloss, ein besserer Mensch zu werden, stand ich morgens in einem Rewe-Supermarkt und hielt einen flachen Karton mit der Aufschrift „Hähnchen-Grillpfanne“ in der Hand.


 ~ Ich liebe das Cover dieses Buches! ~
In letzter Zeit habe ich mit einer sehr guten Freundin viel über Ernährung gesprochen, da sie sich neuerdings etwas für vegane Ernährung interessiert und einige Fragen an mich richtete. Ich praktiziere zwar nicht komplett aber weitestgehend eben solch eine Ernährung – Antworten auf alles habe ich aber trotzdem nicht – und für eine Expertin halte ich mich auch ganz und gar nicht. 

Nun habe ich aber im letzten Jahr ein Buch gelesen, dass denjenigen von Euch, die über eine Ernährungsumstellung nachdenken eventuell ein wenig Schützenhilfe geben kann:

In ihrem Buch ANSTÄNDIG ESSEN : EIN SELBSTVERSUCH (2011) testet Karen Duve diverse Ernährungsstile (von Vegetarismus übers vegane Leben und wie man sich als Fruktarier ernährt etc.) und recherchiert nebenbei auch noch in der Nahrungsmittelindustrie – und dabei besonders in der Nutztierhaltung. 

Dabei kommt vielleicht nichts Überraschendes – aber durchaus Erschreckendes zu Tage. Denn auch diejenigen der KundInnen, die vielleicht beim Eierkauf prinzipiell nur nach Eiern aus der Freilandhaltung oder gar von Biohöfen greifen – haben unter Umständen eben doch nicht nur „die guten Eier“ im Einkaufkorb: So kommen laut Frau Duve (ich habe es noch nicht nachgeprüft – und weiß auch nicht genau wie: Ich wette im Internet finde ich sowohl diese als auch jene Angabe..) die Eier aus Legebatterien, die der Kunde so nicht kaufen würde eben in Eiernudeln oder Kuchen unter die Leute. 
Ich halte das auf jeden Fall für sehr wahrscheinlich. Habt Ihr darüber schon nachgedacht? Ich hatte es ehrlich gesagt noch nicht. Da ich aber Nudeln nicht ausstehen kann und Kuchen am liebsten etwas klitschig mag (also etwas zusammengesunken und pappig – ich bin ein Schmierkind, ich weiß… - und nicht zu Letzt eine schreckliche Ernährungszicke..) und bisher sowas ja nicht in meinem Supermarkt angeboten wird, musste ich mich - wie ich fand - bis dahin auch nicht damit beschäftigen. Schließlich hab ich's ja nicht gekauft.. Dieses Denken erscheint mir jetzt allerdings als sowohl naiv als auch geradezu idiotisch. Ich sollte mich mehr kümmern. Ignoranz kann sich nicht nur zu schönster Dummheit entwickeln – nein, manchmal ist sie eben dadurch auch hochgradig gefährlich. -  aber jetzt schweife ich ab.. Ein gutes Mittel gegen Ignoranz ist auf jeden Fall dieses Buch von Karen Duve.

Würde ich nicht sowieso schon fleischlos leben… – dieses Buch könnte mich definitiv zur Vegetarierin machen. (Ob Ihr das als Warnung oder als Empfehlung verbucht bleibt Euch überlassen.) Seitdem ich das Buch im letzten Jahr las, habe ich meine Ernährung immer mehr vegan gestaltet – was bei mir in erster Linie an einer ausgesprochen hohen Empathie für Tiere liegt. Allein die Vorstellung der schreienden neugeborenen Kälber und ihrer Mütter, die um höhere Milcherträge zu erwirtschaften sehr früh getrennt werden, hält mich davon ab nach Milch oder Käse zu greifen.

Ich nehme an, dass ein Großteil aller Menschen von denen, die in der glücklichen Lage sind selbst zu wählen, was sie essen wollen, bei näherer Überlegung vermutlich auf einiges auf Ihrem Speiseplan verzichten würden. Nachdenken wird oftmals gerade auch als Selbstschutz von vielen von uns vermieden – und zum Teil geben wir auch unsere eigene Verantwortung ja doch nur zu gerne ab. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass wenn mehr Menschen überlegt und bewusst einkaufen, wird sich auch längerfristig einiges in der (Lebensmittel-)Produktion ändern. Wenn nicht – na ja.. Jeder Produzent der zwar moralisch einwandfrei produziert aber dabei Verluste macht, ist nicht gerade als geschäftstüchtig zu bezeichnen – und Geschäftstüchtigkeit ist doch gerade in dieser Zeit eine nahezu ideale Eigenschaft..

Was auf Euren Tisch kommt ist ganz allein Eure Entscheidung und ich werde und will gewiss niemandem meiner Freunde und Bekannten (geschweige denn Menschen, die mir herrlich unbekannt sind) missionieren. Natürlich bekommen meine Katzen weiterhin Fleisch – den im Buch beschriebenen Versuch von Frau Duve ihren Hund fleischlos zu ernähren, fand ich dann doch ein bisserl heftig.
Generell ist nichts für meine Begriffe unangenehmer als Menschen, die anderen predigen wie sie zu leben haben – deswegen bitte ich Euch meine Ausführungen hier als meine Meinung zu begreifen – und nicht als Angriff. Einige meiner Freunde leben fleischlos – andere essen für ihre Leben gern Schnitzel – wieder andere finden Aufläufe widerlich und dann gibt es auch solche die für eine Tüte Chips oder Tafel Schokolade gerne auf eine Woche Sonnenschein verzichten würden. Jeder von uns ist für sich und sein Leben selbstverantwortlich – das ist auch nichts was man weitergeben kann – selbst Kleinkinder spucken aus was sie nicht essen mögen. Ja, ja..  Zwangsernährung, extreme Armut etc. ist natürlich eine andere Sache.

Allerdings muss ich sagen, dass ich dieses Schubladen denken auch als sehr anstrengend empfinde - ein strenges  Essen nach Regeln wirkt auf mich nicht gerade entspannt. Ich verstehe, dass es einfacher ist, Menschen einzuordnen, wenn sie von sich sagen "Ich bin Veganer/Vegetarier/Fruktarier/etc. " oder "Ich esse nur weißes Fleisch/rote Lebensmittel/o.ä." - aber für mein Leben halte ich eine Ernährung die meinem Moralempfinden entspricht für viel besser als mich nach Regeln zu richten, die irgendwer mal aufgestellt hat. Ich bin überzeugt, dass der einzige Mensch, der Euch vorschreiben sollte was Ihr essen dürft oder eben nicht der Arzt/die Ärztin Eures Vertrauens sein sollte. 

Für meine eigene Ernährung jedoch gilt ein Satz, den man auch im Buch finden kann: 

Es gibt kein Fleisch von glücklichen Tieren – nur von toten.

Und ich verbiege mich auch nicht und spiele den Cheerleader falls jemand Fleisch isst. Für meine Vorstellungen ist es falsch -  aber deswegen halte ich einfach keine Vorträge.

  • Konfliktpotential: Wie nicht anders zu erwarten enorm hoch: Legebatterien, Schlachtungen (Fleisch kommt ja nicht freiwillig in die Pfanne..) und was noch alles.. Mit dem inneren Frieden ist erst einmal Schluss, wenn man anfängt über die Quellen der Leckereien nach zu denken..                                                                                                                                                                

  • Auf der Goldwaage: Dieses Buch ist wie bereits erwähnt ein Erfahrungsbericht – und als solcher natürlich nicht neutral. Karen Duve hat mich allerdings schon so manches Mal zum Grinsen gebracht: Denn ihre Überlegungen ob sie weiterhin Cola trinken darf – da diese ja im Endeffekt komplett chemisch ist und somit ja nicht tierischer Herkunft also moralisch quasi einwandfrei.. - fand ich schon sehr lustig..

  • Woher nehmen? Unter ISBN 978-3-86971-028-0 erhaltet Ihr das Buch im Handel.

Herzlichen Dank für's Lesen!

Eure 

Irene

~ Bild-Quelle: einestages.spiegel.de ~