Samstag, 19. Mai 2012

Manchmal machst du dir selbst Angst.

Ich habe eine Schwäche für schöne Cover - und auch wenn ich nicht jedes Buch mit einem schönen Cover kaufe - ansehen werde ich sie mir auf jeden Fall - so ist auch das Buch über das ich heute hier sprechen werde nur deswegen bei mir gelandet - obwohl es auf einem Tisch mit Liebesromanen lag.. Das Buch, dessen Cover mir so gefällt war DAS TOTE HERZ (BLEEDING HEART SQUARE) von Andrew Taylor (2009). 

London, 1934: Der Bleeding Heart Square (=Blutendes Herz Platz) hat seinem Namen der Legende nach daher, dass hier einst der Teufel mit einer Dame tanzte (und vermutlich noch einiges mehr mit ihr anstellte..) - und am folgenden Tag nichts weiter als ihr blutendes Herz übrig blieb.. 
Nun entscheidet mit fast 30 Jahren Lydia Langstone, nachdem ihr Ehemann Marcus sie geschlagen hat, ihn endgültig zu verlassen. Da sie von ihrer versnobten Mutter nicht viel Hilfe zu erwarten hat zieht sie zu ihrem Vater - einem freundlichen aber nicht übermäßig begeisterten Mann, der eben am Bleeding Heart Square in einer heruntergekommenen Wohnung haust und seine Tage mit Alkohol füllt. Während Lydia sich jetzt mit einem Leben ohne Dienerschaft und mit viel Arbeit und Geldsorgen auseinandersetzen muss, bekommt der unsympathische Vermieter Serridge (der natürlich auch im Haus wohnt) immer wieder Päckchen, die nichts weiter enthalten als blutende Herzen.. Und ein weiterer neuer Mieter zieht ein: Rory Wentwood - Journalist, nach 5 Jahren frisch zurück aus Indien und verlobt mit Fenella Kensley. Er will herausfinden was mit der ehemaligen Hausbesitzerin Philipa May Penhow geschah, die vor vier Jahren quasi über Nacht verschwand, und die zufällig Fenellas Tante ist. Ebenso am Verbleib von Miss Penhow interessiert ist der ominöse Detective Narton..

~ bei der deutschen Erstveröffentlichung 2009 sah das Coveer noch so aus.. ~

Dieses Buch hat tatsächlich drei Hauptfiguren - oder auch vier: Einmal sind Absätze nur aus der Sicht (obwohl in beobachtender Erzählweise) von Lydia oder Rory erzählt, was dazu führt das einige Informationen in Gesprächen wiederholt werden müssen, um den anderen auf den neuesten Stand zu bringen - denn natürlich bleiben Lydia und Rory nicht einfach nur Nachbarn (obwohl diese Romanze wirklich wohltuend dezent gehalten ist). Diese Wiederholungen sind aber gut zu verschmerzend - da die Besetzung dieses Romans so viele Charaktere enthält hilft die Wiederholung ein wenig - man könnte sich natürlich auch ein paar Notizen machen, um den Überblick nicht zu verlieren.. Nach der Hälfte des Romanes ist man dann aber doch langsam angekommen.. Die anderen zwei "Hauptfiguren" sind Miss Penhow - deren Tagebucheinträge am Anfang jedes Kapitels (bis auf das 26. und letzte) stehen - und jemand, der als Leser des Tagebuches mit "Du" angesprochen wird - und quasi den Leser zu einer Figur des Romanes werden lässt. Die Tagebucheinträge verursachen tatsächlich etwas Spannung - und an den Aufbau des Romanes gewöhnt man sich sehr schnell.

~ eines der Englischen Cover - ein anderes sieht genau wie das neue deutsche Cover aus.. ~

Diejenigen von Euch, denen Geschichten über Nazis zu den Ohren herauskommen, sollten vielleicht doch besser zu einem anderen Buch greifen - denn Marcus ist nicht nur grausam, untreu und seiner Frau gegenüber gewalttätig - nein, er sympathisiert auch noch mit den Englischen Faschisten um Sir Oswald Mosley und befreundet sich mit Sir Rex Fisher, dem (fiktionalen) Führer einer lokalen Faschisten Organisation. So haben also auch die Britischen Schwarzhemden hier eine tragende Rolle, denn Rorys Verlobte Fenella verbringt mehr und mehr Zeit mit dem aktiven und wichtigen Kommunisten Julian Darrow - was natürlich irgendwann zu politischen Spannungen führt. Obwohl ich anfangs ein wenig genervt war von dem Klischee das Marcus verkörpert machte es endlich doch alles Sinn. Mal ehrlich: Der Mann ist nicht nur super unsympathisch.. nein, er schlägt seine Frau, die er seit Kindertagen kennt - und ich spreche hier vom biblischen "kennen"..  und zu guter letzt ist er auch noch Faschist?? ... 

~ das französische Cover mit dem französischen Titel  "Der Teufel tanzt am Bleeding Heart Square".. ~

Obwohl dieser Roman mit vielen Klischees gefüllt ist und manches voraussehbar ist - das Ende hat es in sich und gefällt mir sehr gut.. Und na ja.. Ich bin ja immer begeistert von Romanen mit Sekretärinnen, die über Filme mit Leslie Howard schwatzen oder Bücher von Virginia Woolf lesen und Szenerien im England der Dreißiger Jahre (oder überhaupt England - oder Dreißiger Jahre) zu lesen und auch die verschiedenen Formen, die vom ersten Weltkrieg verursachte Traumata annehmen können faszinieren mich.. Wir haben hier in der Tat einen wirklich netten historischen Krimi - der nur selten wirklich widerlich wird. Wobei auch das natürlich Ansichtssache ist - ich jedenfalls fühle mich immer unwohl wenn Gesichter/Augen von Gewalt betroffen sind.. So oder so - eine Lektüre die mich bis zur letzten Seite fesselte..

  • Sex-Appeal: Sexszenen gibt es vereinzelt. Sie sind wichtig für den Lauf der Geschichte. (Wie fast alles was in diesem Roman vorkommt..) Sie sind nicht sehr detailiert und manchmal muss man doch ein wenig zwischen den Zeilen lesen um zu verstehen von was man gerade Zeuge wurde..

  • Konflikt-Potential: Sexueller Missbrauch an Minderjährigen, Verführung sehr junger Teenager, Gewaltszenen bei denen auch schon mal ein Augen danach fehlt.. - obwohl nur selten plastisch beschrieben das Buch und generell einen eher ruhigen Stil pflegt, sollte man sich doch überlegen, ob man es dem herzkranken Tantchen schenkt.. 

  • Woher nehmen? Unter ISBN 978-3-442-47675-6 erhält man die Neuauflage als Taschenbuch mit dem - wie ich finde - wunderschönen Cover. Die richtig modernen Leser können es sogar als E-Book erwerben..



Herzlichen Dank fürs Lesen

Eure 

Irene

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Und was denkt Ihr? Habt Ihr das Buch auch gelesen?? Teilt Euch ruhig mit - eventuell fällt mir eine Antort ein, dann poste ich sie - gelesen wird Euer Kommentar auf jeden Fall!!