Aufmerksame Verfolger dieses Blogs wissen, dass ich u.a. eine Schwäche für Pflanzen hege.. Trotzdem: DAS KARMESINROTE BLÜTENBLATT (THE CRIMSON PETAL AND THE
WHITE) von Michel Faber (2002) ist unter Garantie kein botanisches Werk..
London, 1847. Sugar ist groß, rothaarig, leidet unter extrem
trockener Haut – und arbeitet als Edelprostituierte im „Salon“ ihrer Mutter – wobei ihr Sonderstatus daher
rührt, dass sie erotisch sehr talentiert ist und niemals nein sagt. Dank ihrer
Begabung schafft sie es, dass William Rackham - seines Zeichens verheirateter Müßiggänger
ohne jeglichen Ehrgeiz und Erbe des berühmten Parfüm-Emperiums - nach einer
Nacht mir ihr entscheidet, sie in einer eigenen Wohnung auszuhalten (mit ihm
als Exklusivkunden versteht sich..). Doch dazu braucht er Geld - also stürzt er
sich ins Geschäftsleben und übernimmt er das Familienunternehmen und wird ein
erfolgreicher Geschäftsmann. Später holt
er Sugar dann sogar als Gouvernante für seine verschüchterte Tochter in sein
Haus (wobei ihre Aufgaben natürlich auch die Betreuung des Hausherrn
umfassen..), in dem auch seine neurotische Ehefrau Agnes lebt..
~ eines der Cover für die englischsprachigen Ausgaben ~ |
Tatsächlich sind Sugar und William nicht die alleinigen Hauptfiguren in diesem Roman – was wohl nicht nur die Faszination dieses Buches
ausmacht sondern auch erklären dürfte warum es so wuchtig ist: 1053 Seiten
Roman – und eine ständig auf den Leser/die Leserin einquatschende
Erzählerstimme – kann das wirklich zum Lesevergnügen werden? Ich finde schon.
Das Buch ist zwar äußert furchteinflößend ob seiner Masse, lässt sich aber
erstaunlich fix lesen. Und an die ständige Ansprache gewöhnt man sich mit der
Zeit auch.
Zu den weiteren Hauptfiguren gehören im Übrigen Williams
Bruder Henry, der seine Berufung in der Religion sieht; die sozial engagierte
Witwe Mrs. Fox, die mehr als nur Freundschaft für Henry empfindet und Williams
Frau Agnes selbstverständlich, die vollkommen von der Sexualität ihres Mannes
und der Mutterschaft überfordert ist. Keine Sorge: William ist nicht
besonders außergewöhnlich in seinen sexuellen Vorlieben – aber Agnes hat
nicht gerade eine aufgeklärte Haltung – was man wohl auch ihrer Erziehung
als höherer Tochter anlasten darf. Sie flüchtet in den Spiritualismus – und ja:
sie ist meine Lieblingsfigur in diesem Buch - dicht gefolgt von Mrs. Fox, der Frauenrechtlerin..
~ ein anderes der "Englischen Cover".. ~ |
Der Roman beschreibt das Leben im viktorianischen London
sehr detailgetreu – es mag ein etwas umfangreiches Projekt sein, aber es lohnt
sich. Ich gestehe, dass ich anfangs Probleme damit hatte, dass sich die
Erzählstimme direkt an die Leser wendet - aber das gab sich mit der Zeit, wohl auch weil es nicht ständig vorkam..
- Auf der Goldwaage: Die Wortwahl ist wie das Milieu zum Teil recht derb: Fotze, Möse, Schwanz, Pimmel – hier kommt so ziemlich jedes „unanständige“ Wort aufs Tablett – allerdings muss ich gestehen, dass mein Wortschatz in dieser Beziehung wohl ein klein bisschen zu wünschen übrig lässt. (Ich weiß nicht, ob ich das zwingend ändern will - oder muss.)
- Sex-Appeal: Sexuelle Handlungen werden natürlich beschrieben (Was ja auch irgendwie zu erwarten war bei einer Prostituierten als Hauptfigur..). Der Stil ist allgemein eher naturalistisch – Porno ist es allerdings nicht, dafür ist der „Sexszenenanteil“ dann doch zu gering.
- Für Nicht-Leser: Die unvergleichliche BBC hat auch hiervon einen netten Mehrteiler gedreht - wie immer mit hervorragender Besetzung.. - und als Hörbuch gibt es die Geschichte auch..
~ Romola Garai (die ich wirklich sehr mag..) als Sugar.. ~ |
- Woher nehmen? Unter ISBN 978-3-548-60478-7 ist es als Taschenbuch im Handel erhältlich - und sogar mit 1055 Seiten - also zwei Seiten mehr als bei meiner alten gebundenen Ausgabe..
Herzlichen Dank für's Lesen!
Irene
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